Montag, 19. September 2016

Gedanken am 8. September (Herbstmond)


Wenn es uns gelungen ist, uns psychisch von unseren Eltern abzunabeln und ein eigenständiges Selbstgefühl zu entwickeln, haben wir uns als junge Erwachsene spezifische Antworten auf die grossen Fragen "Wer bin ich? Was ist der Sinn des Lebens? Gibt es einen Gott?" zurechtgelegt. Doch erst um die Mitte des Lebens gelangt unsere Spiritualität zu wirklicher Reife, und zwar durch die Erfahrung dessen, was der Theologe James Fowler das "Sakrament der Niederlage" nennt. Unser jugendlicher Idealismus zerbröckelt, und wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass es keine eindeutigen Antworten auf die Widersprüche des Lebens gibt und keine Möglichkeit, der Unbeständigkeit aller Dinge um den Leiden zu entrinnen. Wir erkennen, dass guten Menschen ebensohäufig Schlimmes widerfährt wie bösen - wenn nicht sogar noch häufiger. An diesem Punkt bricht das Gerüst äusserlicher Religiosität häufig zusammen, und wenn wir die sich daran anschliessende "dunkle Nacht der Seele" heil überstehen, kann ein tiefes spirituelles Verständnis hervorscheinen.

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