Donnerstag, 31. August 2017

Gedanken am 1. September (Herbstmond)

September ist der Höhepunkt der Ernte und das Einlagern
des Uberflusses der Erde. Die Erträge, die wir zurücklegen,
werden uns während des Winters ernähren, wenn wir, wie
Mutter Erde, unsere Energien von der Außenwelt zurückziehen
und sie auf die geheimnisvolle innere Dunkelheit
richten. Um die tiefen Höhlen unseres Unbewußten für die
Aufnahme der diesjährigen Früchte vorzubereiten, reinigen
die kosmischen Energien dessen Tiefen und rühren alte
Ideen, alte Angelegenheiten und alte Weisheit auf: So können
wir erkennen, was davon aufzubewahren und was über
Bord zu werfen ist, wenn wir bewußter in die große archetypische
Geschichte unseres Lebens vordringen.

Tempelarbeit:
Gedankt sei Dir, Großer Geist, für diesen Spätsommermorgen
und die Vorahnung des Herbstes, die schon in der Kühle
der Luft und den allmählich kürzer werdenden Tagen Hegt.
Da ich mich auf die Drehung des kosmischen Rads vorbereite,
rufe ich Gabriel an, daß er mich erwecke und der
WirkHchkeit meines inneren Lebens gewahr mache, damit
ich auf die Gnade eingestimmt werden möge, die der
Herbstputz meines Unbewußten herbeiholt, und imstande
sei, die Früchte des Geistes geschickter einzulagern.
Mache heute einen achtsamen Spaziergang durch die Natur. Bewahre dir ein Bewußtsein des inneren Ortes der Stille und seiner
Verbindung zu allem, was wächst und gedeiht. Finde einen
Strauch oder Baum und setze dich zu ihm. Dehne dein Bewußtsein
bis in die Pflanze hinein aus und gewahre so viel, wie du kannst,

vom Strömen ihrer Energie und dem Zyklus ihres Wachstums.

Mittwoch, 30. August 2017

Gedanken am 31. August (Erntemond)

Psalm 23 inspiriert und fasziniert die Menschen seit Tausenden
von Jahren:
Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet
mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen
Wasser. E r erquicket meine Seele. E r führet mich auf rechter
Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte
im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei
mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor
mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest
mein Haupt mit Ol und schenkst mir voll ein. Gutes und
Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich
werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.

Tempelarbeit:
Gehe wenn möglich hinaus in die Natur und lies Psalm 23 langsam
und aufmerksam. Versuche zu begreifen, daß er eher ein Lied
des Dankes ist für das, was Gott bereits gewährt hat, als ein Gebet
der Hoffnung. Dies ist die Seligkeit und Verheißung spiritueller

Reife.

Dienstag, 29. August 2017

Gedanken am 30. August (Erntemond)

Mit zunehmender spiritueller Reife wissen wir die Schönheit
und die einfachen Freuden des Lebens - wie die Anwesenheit
geliebter Menschen - immer mehr zu schätzen. Ich
erinnere mich an einen Winterabend, als mein Sohn Andrei,
der damals 20 Jahre alt war, mit Grippe nach Haus kam. E r
war so dankbar für die einfachen Freuden einer warmen
Wohnung, die Schmusedecke aus seiner Kindheit, in die er
sich einwickeln konnte, und eine Mutter, die ihm den Kopf
streichelte und mit ihm redete! Während ich bei diesem
großen Jungen saß, war ich mir wehmütig der Tatsache
bewußt, daß wir wahrscheinlich nicht mehr viele Abende wie
diesen zusammen verbringen würden. Ich glaube nicht, daß
ich jemals glücklicher gewesen bin als in diesem Augenblick,
dem die Erkenntnis, daß alles vergänglich ist und daß wir
nichts von dem, was wir lieben, für selbstverständlich nehmen
dürfen, eine fast unerträgliche Süße verlieh.

Tempelarbeit:
Großer Geist, wie unglaublich vielfältig und kostbar ist die
Erfahrung des Lebens! Offne mir bitte die Augen für seine
Schönheit und hilf mir, seine Unbeständigkeit zu erkennen -
die Wahrheit einzusehen, daß alles, was ich liebe, eines Tages
vergehen wird - , auf daß ich mein Herz voll überschäumender
Dankbarkeit den Gaben und Freuden des gegenwärtigen
Augenblicks zu öffnen vermöge!
Verweile für ein paar Minuten im Gebet der Sammlung oder in
der Shamatha-Vipassana-Meditation. Mache dir den Segen der
Unbeständigkeit bewußt, die uns die Seligkeit des gegenwärtigen

Augenblicks erst richtig erfahren läßt.

Montag, 28. August 2017

Gedanken am 29. August (Erntemond)

Die Schönheit der Natur ist ein Geschenk Gottes, das unser
Gemüt stillt, unsere zerfahrenen Emotionen heilt und unsere
Seele erbaut. Als ich Anfang 20 war, machte ich eine
besonders »dunkle Nacht der Seele« durch und konnte weder
im Umgang mit Menschen noch in Büchern, noch in
irgendwelchen Ablenkungen Trost finden. Logisches Nachdenken
half nicht, und von Meditation hatte ich damals noch
nichts gehört. Und selbst wenn, wäre ich wahrscheinlich viel
zu aufgewühlt gewesen, um mich konzentrieren zu können.
Im Supermarkt fühlte ich mich zu einigen Topfpflänzchen
hingezogen, also kaufte ich sie und nahm sie mit nach Haus.
Jeden Tag saß ich bei ihnen, berührte die Erde, um festzustellen,
ob sie Wasser brauchten, und sah zu, wie neue
Blättchen sprossen und sich entfalteten. Meine Seele wurde
zunehmend ruhiger. Wenn Menschen in Altersheimen
Pflanzen haben, für die sie sorgen können, steigt ihre durchschnittliche Lebenserwartung um ein Jahr.

Tempelarbeit:
Finde in deiner Wohnung, in der freien Natur oder in einem
Blumengeschäft eine Pflanze, die du zu dir nehmen und zu der du
eine Beziehung aufbauen kannst. Pflanzen lehren uns die Kunst,
Leben zu hegen und zu fördern, und belohnen uns, indem sie mehr
Schönheit und Frieden in unserer Umgebung schaffen. Es ist eine
wunderbare spirituelle Übung, für Pflanzen zu sorgen und sich

von ihnen umsorgen zu lassen.

Sonntag, 27. August 2017

Gedanken am 28. August (erntemond)

Da ich gehe, da ich gehe,
Geht das All mit mir.
In Schönheit geht es vor mir,
In Schönheit geht es hinter mir,
In Schönheit geht es unter mir,
In Schönheit geht es über mir.
Uberall ist Schönheit.
Da ich gehe, gehe ich mit der Schönheit.
- Traditionelles Gebet der Navajo

Tempelarbeit:
Mache heute morgen wenn möglich einen achtsamen Spaziergang
und betrachte dabei alles als die Schönheit Gottes, die sich rings um dich herum entfaltet. Übe dich den ganzen Tag über darin,

allenthalben Schönheit zu sehen.

Samstag, 26. August 2017

Gedanken am 27. August (Erntemond)

Der englische Dichter des 19. Jahrhunderts Edward Carpenter
schrieb von der Spiritualität als von einem geduldigen
Warten darauf, daß unsere Seele erblüht. Wir müssen darauf
vertrauen, daß sie es zu der ihr vorbestimmten Stunde schon
tun wird - und mögen wir Gott auch noch so sehr darum
anflehen, die Uhr für uns ein wenig vorzustellen! Carpenter
schildert ein geduldiges Warten der Seele, das eine ausgezeichnete
Anweisung für unsere spätsommerlichen Meditationen
darstellt: »Stille dein Herz und erkenne die Schönheit
dieser Welt und die unendlichen, grenzenlosen Schätze, die
sie birgt.«

Tempelarbeit:
Mache heute morgen wenn möglich einen achtsamen Spaziergang
durch die Natur. Strebe nach nichts außer dem klaren Bewußtsein
der Schönheit, die dich umgibt, und erlaube dieser Schönheit, die

Weisheit deines Herzens wachzurufen.

Freitag, 25. August 2017

Gedanken am 26. August (Erntemond)

Ralph Waldo Emerson war ein Mystiker, der die Entfaltung
seines Lebens der Führung anvertraute, die er empfing, indem
er sich in der Einsamkeit der Schönheit der Natur
öffnete. E r sagte: »Ein Weiser wird nie sein künftiges Sein
und Handeln verpfänden und im voraus entscheiden, was er
in einer bestimmten extremen Situation tun sollte. Die Natur
und Gott werden ihm, wenn es soweit ist, den Weg schon
weisen.«

Tempelarbeit:
Meditiere heute wenn möglich im Freien. Sieh dich um und
bewundere dankbar die Schönheit von Himmel und Erde. Ohne
die Augen zu schließen, führe die Meditation der Vereinigung von
Himmel und Erde (1. August) durch. Jetzt richte deine Aufmerksamkeit
auf deine rechte Seite - auf das Südliche Tor deines
Körpertempels - und rufe die Gegenwart des Erzengels Gabriel
an. Bete darum, daß du in allen Bereichen deines Lebens für die

Führung Gottes und der Natur offen bleiben mögest.

Donnerstag, 24. August 2017

Gedanken am 25. August (Erntemond)

Wir leben in einer beispiellosen Zeit, in der die geheimen
oder esoterischen Lehren vieler Traditionen für jeden zum
Preis eines Taschenbuchs zugänglich sind. Diese allgemeine
Verfügbarkeit spiritueller Methoden bedeutet zugleich eine
Gefahr und eine große Chance. Die Gefahr ist, daß wir leicht
zu Dilettanten werden können - daß wir tausend seichte
Brunnen graben, ohne je irgendwo auf Wasser zu stoßen.
Andererseits haben wir durch die Möglichkeit, eine Vielzahl
verschiedener Systeme »auszuprobieren«, die Chance, herauszufinden,
was uns am meisten anzieht, und so den uns
gemäßesten Weg zu finden.

Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten im Gebet der Sammlung oder in
der Shamatha-Vipassana-Meditation und bedenke dann den
Aspekt der Tiefe deiner spirituellen Praxis. In den vergangenen
acht Monaten haben wir uns auf einige wenige grundlegende
Methoden beschränkt, die unsere Konzentrationsfähigkeit entwikkeln
sollten. Für viele Menschen ist dies bereits mehr als genug.
Wir haben aber auch eine Vielzahl speziellerer, esoterischerer
Wege zur Vereinigung mit dem Göttlichen zumindest ansatzweise
kennengelernt. Wenn einer von ihnen dich besonders angesprochen
hat - wie könntest du ihn mehr in die Tiefe verfolgen? Wenn du
bereits einer bestimmten spirituellen Tradition folgst - bist du mit
der Intensität deines Engagements zufrieden? Gibt es vielleicht
irgendwelche Gruppen, Kirchen oder Tempel in der näheren Umgebung,
in denen du ein förderndes Umfeld für deine spirituellen

Übungen finden könntest?

Mittwoch, 23. August 2017

Gedanken am 24. August (Erntemond)

Jeder Mensch hat bestimmte Möglichkeiten zur spirituellen
Erweckung, die ausschließlich ihm eigentümlich sind. Nicht
jeder von uns kann meditieren, und nicht jeder von uns ist zu
einer rationalen Selbsterforschung fähig. Vor Jahren nahm
ich an einem Kurs teil, der von unserer Kirche angeboten
wurde. Einer der Gruppenmitglieder, ein Mann namens
James, war geistig leicht zurückgeblieben. E r konnte weder
lesen noch schreiben, beteiligte sich aber sehr aktiv an den
Übungen. Einmal erklärte der Geistliche, wenn unser erster
Gedanke am Morgen ein Dankgebet an Gott sei, dann bedeute
dies bereits einen kleinen spirituellen Fortschritt.
James' Gesicht leuchtete auf. »Wirklich, wirklich?« rief er
aus. »Sie meinen, man kann sich wirklich merken, das jeden
Morgen zu tun? Das ist toll!« Eine Woche daraufhatten die
meisten von uns die aufgegebenen Texte gelesen, aber nur
James hatte es geschafft, sich anzugewöhnen, Gott den
allerersten Gedanken des Tages zu widmen.

Tempelarbeit:
Göttlicher Geliebter, wenn ich mich immittelbar nach dem
Aufwachen und vor dem Einschlafen voller Dankbarkeit an
Dich erinnere, ist Deine Gegenwart den ganzen Tag über bei
mir. Lieber Gabriel, hilf mir bitte, mich Tag für Tag, Stunde
für Stunde, Minute für Minute an den Göttlichen Geliebten
zu erinnern. Wenn ich mich an Gott erinnere, strömt wahre
Liebe ganz von selbst aus meinem Herzen.
Beginne und schließe deinen Tag mit einem Dankgebet an Gott.
Wann immer du etwas Schönes erlebst, das dein Herz öffnet, sprich

eine kurze bracha (11. Mai).

Dienstag, 22. August 2017

Gedanken am 23. August (Erntemond)

Nach der Lehre der Kabbala, der jüdischen Mystik, wurde
die Welt aus zehn Emanationen oder Gedankenformen erschaffen,
die aus dem Geist Gottes hervorgingen. Durch
Einstimmung in eine behebige solche Gedankenform kann
die Vereinigung mit Gott erreicht werden. Mit zunehmender
spiritueller Reife beginnen wir zu spüren, welches der
richtige Pfad, die richtige Emanation für uns ist. Diese
»Pfade« sind Archetypen oder Energiemuster, die uns helfen,
die Entfaltung unserer Seele in die ihr gemäßeste Bahn
zu lenken. Diese Wege sind Schönheit, Barmherzigkeit,
Herrlichkeit, Weisheit, Intellekt, Uberwindung des Ichs,
Disziplin, Ethik, Natur und Mystik.

Tempelarbeit:
Großer Geist, Du hast Dich selbst erschaffen als der mystische
Baum des Lebens, der viele unterschiedliche Wege zu
Dir umfaßt, deren jeder von der Seele erfordert, daß sie sich
in eine geringfügig andere Richtung oder Weise entwickelt.
Ich folge dankbar Deiner Führung, auf daß ich mir stets des
richtigen Pfades bewußt sein möge, der meiner Seele ermöglichen
wird, sich zu genau der Herrlichkeit zu entfalten, die
Du im Sinn hattest, als Du sie dereinst als Samen in den
Boden Deines Garten setztest.
Verweile ßr ein paar Minuten im Gebet der Sammlung, im Ei

aus Licht oder in der Shamatha-Vipassana-Meditation.

Montag, 21. August 2017

Gedanken am 22. August (Erntemond)

Unsere Worte sind der unmittelbare Ausdruck unserer Gedanken,
und außer auf rechtes Handeln und rechtes Reden
achtet eine reifende Spiritualität auch auf rechtes Denken.
Wenn wir uns dabei ertappen, daß wir schmälernde, wertende,
zynische oder abfällige Gedanken denken, sind wir
auf dem besten Wege dazu, negative geistige Angewohnheiten
aufzugeben und die Saat gütigen, ermutigenden Denkens
zu pflanzen. Auf unsere Denkgewohnheiten zu achten
und der Wille, sie zu ändern, sind wichtig bei der Verwirklichung
echter Güte.

Tempelarbeit:
Atme ein paarmal loslassend durch und richte deine Aufmerksamkeit
auf die rechte Seite deines Körpertempels, das Südliche Tor
deines Energiefeldes. Rufe die Gegenwart Gabriels an und bitte
diesen kosmischen Wirker von Gewahrsein darum, daß er dir
heute helfe, deine Gedanken zu beobachten, damit du die Tugend
des rechten Denkens in dir entwickeln mögest. Wenn du dich bei
lieblosen Gedanken ertappst, befiehl dir, damit aufzuhören, und

sende gütigere, ermutigende Gedanken aus.

Sonntag, 20. August 2017

Gedanken am 21. August (Erntemond)

Rechtes Reden ist ebenso wichtig wie rechtes Verhalten. Der
Buddha wies darauf hin, daß jemandes Rede der unmittelbare
Ausdruck seiner Gedanken ist. »Lustige« Geschichten
auf Kosten anderer erzählen, intime Details aus Gesprächen
verraten, Tatsachen übertrieben oder verzerrt wiedergeben
und sich »kenntnisreich« über Themen äußern, für die man
eigentlich kein Fachmann ist, sind typische Methoden, wie
das kleine Ich sich in den Vordergrund zu stellen versucht.
Wenn der Gottessame in uns zu reifen beginnt, wird unsere
Rede schlichter, bescheidener und wahrer.

Tempelarbeit:
Gedankt sei Dir, Großer Geist, für die zunehmende Reife meiner
Seele und meine achtsame Bemühung um rechtes Reden. Ich rufe
Gabriel an und meinen Schutzengel, auf daß sie mir heute helfen
mögen, darauf zu achten, was ich sage und wem ich es sage.
Mögen meine Worte wahr, ermutigend und bescheiden sein. Möge

meine Rede gütig und teilnahmsvoll sein.

Samstag, 19. August 2017

Gedanken am 20. August (Erntemond)

Im Judentum bedeutet ethisches Verhalten mehr als nur
negative Handlungen zu unterlassen. Der Fromme soll auch
aktiv Gutes tun, sogenannte mitzwoth (Mehrzahl von mitzwa)
vollbringen. Mitzwoth sind gute Taten, die einen Segen
darstellen für deren Empfänger, für denjenigen, der sie ausübt,
und für Gott. Kranke besuchen ist eine Mitzwa, ebenso
beispielsweise Hungrige speisen, an religiösen Feiertagen
Fremde in seinem Haus empfangen und auf seine körperliche
Gesundheit achten.

Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten im Gebet der Sammlung oder in
der Shamatha-Vipassana-Meditation. Überlege dir, welche gute
Tat du heute für deinen Körper oder für einen anderen Menschen
vollbringen könntest. Wenn du anfängst, echte, tiefempfundene
Freude an Mitzwoth zu verspüren, ist der Gottessame in dir auf

dem besten Wege aufzublühen.

Freitag, 18. August 2017

Gedanken am 19. August (Erntemond)

Grundlage der Spiritualität ist ethisches Verhalten. In den
östlichen Traditionen fängt niemand an zu meditieren,
Selbsterforschung zu üben oder heilige Texte zu studieren,
ehe er nicht bewiesen hat, daß er die erforderlichen Tugenden
- Ehrlichkeit, Disziplin, Demut, Mildtätigkeit und rechtes
Verhalten - besitzt. Analog dazu gilt in der jüdischchristlichen
Tradition die Einhaltung der zehn Gebote als
Grundstein des spirituellen Lebens. Was haben Meditation
und Gebet auch für einen Sinn, wenn wir in unseren Beziehungen
und gegen uns selbst nicht ehrlich sind?

Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten im Gebet der Sammlung oder in
der Shamatha-Vipassana-Meditation. Betrachte deine Handlungen
unter dem Aspekt ethisch richtigen Verhaltens, und sei ehrlich
in deiner Beurteilung. Wenn wir uns der kleinen Lügen bewußt
werden, die wir uns gegenüber anwenden, gelangen wir um so
schneller dahin, in all unseren Handlungen Ehrlichkeit und Lauterkeit walten zu lassen.

Donnerstag, 17. August 2017

Gedanken am 18. August (Erntemond)

Spirituelle Höherentwicklung bedeutet nicht, auf einer Leiter
in den Himmel aufzusteigen und mit den Engeln auf du
und du Umgang zu pflegen. Es bedeutet, fähig zu sein, hier
auf der Erde klar und liebevoll zu handeln. Wenn du dich vor
unangenehmen, aber notwendigen Aufgaben nicht drückst,
dann machst du spirituelle Fortschritte. Wenn du Geld für
wohltätige Zwecke spenden kannst, ohne das Bedürfnis zu
verspüren, wegen deiner Großzügigkeit gelobt zu werden,
dann machst du spirituelle Fortschritte. Wenn du deine Projektionen
eingestehen und zurücknehmen und dich von der
Angewohnheit befreien kannst, andere zu beurteilen, dann
machst du spirituelle Fortschritte.

Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten im Gebet der Sammlung oder in
der Shamatha-Vipassana-Meditation. Dann überlege dir, welche
kleinen »spirituellen Akte« dir helfen würden, dich freier oder
liebevoller zu fühlen. Eine längst überfällige Dankeschönkarte
abschicken? Ein unerfreuliches Telefonat hinter dich bringen?
Einen seit Wochen herumliegenden Brief endlich beantworten?

Was es auch sei - tue es, so bald wie möglich.

Mittwoch, 16. August 2017

Gedanken am 17. August (Erntemond)

Bei unserer Suche nach Rollenmodellen für das spirituelle
Leben müssen wir uns vor der Neigung hüten, Leute zu
idealisieren und dann enttäuscht zu sein, wenn wir feststellen
müssen, daß sie doch nur Menschen sind. Die meisten von
uns sind ein Gemisch von sehr unterschiedlichen Eigenschaften.
Sie sind in mancherlei Hinsicht wahre Vorbilder
und haben in manch anderer noch viel zu lernen. Die
Tendenz, Leute nach der Entweder-oder-Methode zu beurteilen
- erleuchtet oder nicht erleuchtet, Heiliger oder Sünder
-, macht es uns schwer, von den Menschen, denen wir
begegnen, zu lernen, mögen wir sie nun als »Vorbilder«
betrachten oder auch nicht. Wenn wir hingegen unseren
Horizont dahingehend erweitern, daß wir jeden als einen
potentiellen Lehrmeister ansehen, wird jede Begegnung in
uns die Frage auslösen: »Was kann ich von diesem Menschen
lernen?«

Tempelarbeit:
Gedankt sei Dir, Großer Geist, für die Gabe des Lebens und
die fortwährende Bereicherung meiner Seele, die mir soviel
Freude, Dankbarkeit, Frieden und Seligkeit schenkt. Möge
ich lernen, jedes Ereignis und jeden Menschen, den ich
treffe, als einen Lehrer zu betrachten. Befreie mich bitte von
der schädlichen Neigung, zu idealisieren und dann enttäuscht
zu sein, und hilf mir, jede Lehre - insbesondere jede
unerfreuliche - als ein Geschenk entgegenzunehmen.
Verweile ßr ein paar Minuten im Gebet der Sammlung, im Ei

aus Licht oder in der Shamatha-Vipassana-Meditation.

Dienstag, 15. August 2017

Gedanken am 16. August (Erntemond)

Mein Vater war ein Agnostiker,
was, wie ich viele Jahre später begriff, bei ihm Ausdruck
großer spiritueller Reife gewesen war. Er gab nicht vor zu
wissen, was Gott sei - er wußte nur, daß es in einem so
schönen und wohlgeordneten Universum wie diesem etwas
unvorstellbar Gewaltiges und Geheimnisvolles geben mußte.
Sein Agnostizismus war eine Art von Unschuld, ein leerer
Becher, der mit staunender Bewunderung angefüllt war. Wir
gingen in den Zoo, und er sah die Herrlichkeit der Schöpfung
in den sanften Augen eines Hirsches. Ich werde nie
vergessen, wie er sich die Tränen aus den Augen wischte, als
er sich fragte, wie jemand, der nicht buchstäblich am Verhungern
war, ein so anmutiges Tier erschießen konnte. Das
kindliche Staunen und die wohlwollende Güte meines Vaters
werden mein Herz und meinen Weg erhellen, solange ich
lebe.

Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten in der Stille der Meditation. Denke
an einen Menschen, der dir ein Vorbild an wohlwollender Güte,
Staunen, Freude oder einer anderen spirituellen Eigenschaft gewesen ist. Versuche heute, die Eigenschaß die du an diesem Menschen bewunderst, in all deinen Beziehungen wirksam werden zu lassen.

Montag, 14. August 2017

Gedanken am 15. August (Erntemond)

Einmal sah ich die Wiederholung einer alten Fernsehsendung,
die den »Helden des Alltags« gewidmet war. Eine
Frau, die darin vorgestellt wurde, lebte in einer Kleinstadt im
Mittleren Westen, die ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt
war. Alle jungen Männer, die in den 40er Jahren nach Übersee
geschickt wurden, um im Zweiten Weltkrieg zu kämpfen,
kamen hier durch. Diese alltägliche Heldin stellte sich mit
einer improvisierten Feldküche am Bahnof auf und arbeitete
Tag und Nacht, damit jeder Soldat vor seinem Abmarsch
noch eine letzte mit Liebe gekochte Mahlzeit bekäme. Sie
betrachtete jeden Jimgen als ihren eigenen Sohn. Gleichgültig,
woran sie geglaubt oder nicht geglaubt haben mag, war
diese Frau ein zutiefst spiritueller Mensch.

Tempelarbeit:
Großer Geist, mögen sich heute morgen die Augen meines
Herzens öffnen, so daß ich jeden Menschen, dem ich im
Laufe des Tages begegne, als meiner uneingeschränkten
Liebe und Achtung würdig erkennen kann. Du siehst jeden
Menschen als Dein geliebtes Kind an. Möge ich jeden Menschen
als meinen Bruder oder meine Schwester ansehen.
Verweile für ein paar Minuten in der Stille des Gebets der Sammlung
oder der Shamatha-Vipassana-Meditation. Frage dich, wie
du dich verhalten würdest, wenn du jeden Menschen wirklich als

deiner uneingeschränkten Liebe und Achtung würdig betrachtetest.

Sonntag, 13. August 2017

Gedanken am 14. August (Erntemond)

In der Gedenkstätte Dachau erinnert eine Tafel an Titus
Brandsma, einen niederländischen katholischen Priester.
Brandsma wurde von der SS zu abscheulichen medizinischen
Experimenten mißbraucht, deren letztes zu seinem Tod
führte. Als die Krankenschwester ihm die tödliche Phenolspritze
verabreichte, war seine letzte Tat, ihr zu vergeben
und sie zu segnen. Die Fähigkeit, denen zu vergeben, die uns
ignoriert, verletzt oder sogar getötet haben, wird nur durch
lange spirituelle Übung erworben und führt zu vollkommener
persönlicher Freiheit.

Tempelarbeit:
Bringe dich durch einige tiefe, langsame Atemzüge innerlich zur
Ruhe. Jetzt frage dich, ob es in deinem Leben Menschen gibt, denen
du verzeihen mußt. Echtes Vergeben kann ein langsamer und
schwieriger Prozeß sein, der von uns verlangt, daß wir uns auf der
Suche nach Heilung und Menschlichkeit aufrichtig unserem
Schmerz und unserem Zorn stellen. Titus Brandsma wird demnächst
heiliggesprochen - gehe also nicht zu streng mit dir ins
Gericht, wenn du dich erst am Anfang des Vergebungsprozesses
befindest! Führe anschließend eine Metta-Meditation durch und

widme dabei der Segnung deiner Feinde besondere Aufmerksamkeit.

Samstag, 12. August 2017

Gedanken am 13. August (Erntemond)

Ich war einmal mit einen Freund zu Allerseelen in Deutschland,
dem Tag, an dem man die Toten besucht und ihrer
gedenkt. Wir beschlossen, die Gedenkstätte in Dachau zu
besuchen, wo während des Naziregimes viele politische Gefangene
und Juden gefoltert und getötet wurden. Eine ganze
Baracke war ausschließlich mit Priestern und anderen Geistlichen
besetzt gewesen, die Juden geholfen und offen gegen
das Unrecht Stellung bezogen hatten. Der Mut - namentlich
angesichts solchen Grauens -, seine Überzeugung auszusprechen,
erfordert einen unvorstellbar tiefen Glauben und große spirituelle Reife.

Tempelarbeit:
Bringe deinen Körper-Geist durch ein Gebet der Sammlung oder
eine Shamatha-Vipassana-Meditation zur Ruhe. Überlege dann,
was es für dich persönlich bedeutet, deine Überzeugung, deine
Wahrheit, auszusprechen. Wenn es Lebensbereiche gibt, in denen
du noch nicht den Mut hast, offen Stellung zu beziehen, bitte den
Erzengel Gabriel um Führung und Hilfe: Er ist nicht nur die
»Stärke Gottes«, sondern auch der Engel, der uns unsere schöpferische Aufgabe und unsere einzigartige Rolle im Rahmen des Göttlichen Plans bewußtmacht.

Freitag, 11. August 2017

Gedanken am 12 August (Erntemond)

Die sich entfaltende Seele denkt immer weniger »ich« und
immer mehr »wir«. Viele Buddhisten legen das Gelübde des
Bodhisattva ab, d. h., sie verzichten auf den Eintritt in das
Reine Land (ein paradiesähnliches Reich) und die Erlösung,
um weiterhin auf der Erde oder in jeder anderen Welt wiedergeboren
zu werden, in der sie durch selbstloses Dienen all
den leidenden Geschöpfen helfen können, die noch in der
Illusion ihrer Wertlosigkeit und Trennung befangen sind.

Tempelarbeit:
Führe eine Metta-Meditation (11.-15. Februar) durch, und segne
dabei alle Wesen auf allen Ebenen des Daseins mit wohlwollender
Güte. Wenn du Leiden und Ungerechtigkeit in welcher Form auch
immer begegnest - in der Wirklichkeit, in den Fernsehnachrichten,
in der Zeitung - sende einen Segen wohlwollender Güte aus.
Die Welt braucht nicht noch mehr Zorn oder Empörung, doch sie

könnte mit Sicherheit mehr Liebe gebrauchen.

Donnerstag, 10. August 2017

Gedanken am 11. August (Erntemond)

Je weiter wir auf dem spirituellen Pfad voranschreiten, desto
klarer wird uns, was für Anfänger wir in Wirklichkeit noch
sind. Als junge Frau studierte ich mehrere Jahre lang bei der
»Gemeinschaft der Selbst-Verwirklichung«, der von Paramahansa
Yogananda gegründeten Organisation. Die Botschaft
und die Gabe dieses großen Yogi war, die Einheit von
Christentum und östlichem Denken zu offenbaren. Ich war
von den täglichen Meditationen und den spirituellen Übungen,
die wir dort lernten, so begeistert, daß ich in meinem
jugendlichen Enthusiasmus damit rechnete, jeden Augenblick
die Erleuchtung zu erlangen. Als ich erfuhr, daß es eine
örtliche Studiengruppe gab, trat ich ihr bei. Die 70jährige
Leiterin, die sich seit 40 Jahren mit christlicher und östlicher
Mystik beschäftigte, erklärte, sie stecke noch in den »spirituellen
Kinderschuhen«. Erst viel später, nach über 20 Jahren
des Studiums und der Übung, begriff ich, was sie damit
gemeint hat.

Tempelarbeit:
Göttlicher Geliebter, mein Herz ist voller Dankbarkeit für
diesen schönen Sommermorgen. Mögen all meine Studien,
all meine Übungen und all meine Gebete eine Opfergabe
sein für die Erleuchtung aller Wesen. Möge ich mich damit
bescheiden zu erkennen, daß das Große Mysterium des Universums
ein Geheimnis ist, und mir nicht einbilden, ich
könnte es je enträtseln. Mögen die Aufrichtigkeit, die Demut
und die wohlwollende Güte, die mein tägliches Leben mehr

und mehr bestimmen, das Maß meiner Spiritualität sein.

Mittwoch, 9. August 2017

Gedanken am 10. August (Erntemond)

Nicht-Anhaftung - die Uberwindung aller Vorlieben und
Abneigungen - kann leicht als Apathie mißverstanden werden.
Wir können und müssen leidenschaftlich Anteil nehmen
an unserem Leben und unseren Handlungen, aber ohne
dabei zuzulassen, daß die Sucht der Anhaftung uns der Energie
beraubt, die wir für die Durchführung unserer Aufgabe in
der Welt benötigen. Wenn unsere Handlungen in Aufrichtigkeit,
Güte, Anteilnahme und Weitblick gegründet sind,
dann haben wir - was für Ergebnisse auch immer unsere
Bemühungen zeitigen mögen - unsere Seele und die Welt
bereichert.

Tempelarbeit:
Gedankt sei Dir, Großer Geist, dafür, daß Du mich heute
morgen körperlich und geistig erneuerst. Ich nehme bereitwillig
und dankbar jede Weisung an, die mein Verständnis
der Nicht-Anhaftung und Hingabe vertieft. Da ich nicht
hingeben kann, was ich nicht habe, gewähre mir die geistige
und spirituelle Heilung, die ich benötige, um ehrlich und
bewußt durchs Leben zu gehen und dabei stets diese Geisteshaltung
zu bewahren: »Was ist, ist. Ich kann meinen Teil
dazu beitragen, die Verhältnisse zu verbessern, aber wenn sie
sich nicht verbessern, kann ich auch das annehmen.«
Verweile für ein paar Minuten in der süßen Hingabe des Gebets
der Sammlung oder der Shamatha-Vipassana-Meditation. Wenn
sich im Laufe des Tages die Dinge trotz deiner ehrlichen Bemühungen
nicht wie erhofft entwickeln, sage dir: »Was ist, ist. Ich
kann meinen Teil dazu beitragen, die Verhältnisse zu verbessern,

aber wenn sie sich nicht verbessern, kann ich auch das annehmen.«