Freitag, 29. September 2017

Gedanken am 30. September (Herbstmond)

In Zeiten plötzlichen Wandels, wenn uns der Boden unter
den Füßen weggezogen wird, tendieren die meisten von uns
dazu, in perfektionistdsches Denken zu verfallen. Wir haben
es lOO prozentig vermasselt, also müssen wir schlecht sein,
sehr schlecht. Und alles andere als vollkommen. Atme ein
paarmal loslassend durch und lies diese Passage aus einem
Brief C. G. Jungs: »Wenn Du jetzt niedergeschlagen bist und
bis über beide Ohren im Morast steckst, mußt Du Dir sagen,
daß Du zu hoch geflogen warst und daß eine Dosis unverdünnter
Höllenschwärze angezeigt war. Die Klemme, in der
Du steckst, ist gewiß nichts, was Du selbst verursacht haben
könntest. Dies zeigt, daß jemand ,da draußen' Dich mit
fürsorglichen Gedanken umgibt und Dir das nötige Unrecht
antut.«

Tempelarbeit:
Großer Geist, ich trete in diese Jahreszeit ein voll Dankbarkeit
für die Dinge, die ich von den kosmischen Wirkern von
Gewahrsein lernen werde, jenen »Jemand-Da-Draußens«,
die das Unbewußte auskehren und die Dramen inszenieren,
die mich zur Ganzheit führen. Ich rufe Raphael an, daß er
mir diesen Herbst beistehe und mir den Mut gebe, mir selbst
aufs neue ins Angesicht zu sehen, auf daß ich diese Ganzheit
annehmen und Gott und allen Wesen von größerem Nutzen
sein möge.
Atme ein paarmal loslassend durch und lasse dich langsam in die
innere Stille sinken, in das Allerheiligste. Richte deine Aufmerksamkeit nach hinten und rufe die Gegenwart Raphaels an. Bitte den Erzengel des Heilens darum, daß er dir helfe, ganz zu werden.

Donnerstag, 28. September 2017

Gedanken am 29. September (Herbstmond)

Hawthornes Chemiker war vom Archetypus der Vollkommenheit
besessen. Da er sich nicht zu seinem eigenen Bedürfnis
nach Vollkommenheit bekennen konnte, projizierte
er es auf seine Frau - mit katastrophalen Folgen. Die Vollkommenheit ist eine hinterhältige kleine Teufelin, aber
wenn wir ihr die Stirn bieten, wird sie in uns den Durst nach
wahrer Ganzheit entfachen. Und was ist Ganzheit?
Die Würde, mit der wir unbeirrt weitermachen, indem wir
unsere Irrtümer eingestehen und uns bemühen herauszufinden,
wohin sie uns zu führen versuchen.
Die Gelassenheit, mit der wir unseren Schatten annehmen
- nicht selbstgefällig, sondern im demütigen Bestreben,
unseren bösen Zwilling bewußt einsetzen, so daß wir die
Kämpfe umgehen können, die er andernfalls vom Zaun
brechen würde.

Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten im Gebet der Sammlung oder in
der Shamatha-Vipassana-Meditation. Jetzt wäge in deiner Seele

den Unterschied zwischen Vollkommenheit und Ganzheit ab.

Mittwoch, 27. September 2017

Gedanken am 28. September (Herbstmond)

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Nathaniel Hawthorne griff tief in die Welt der Archetypen
und förderte eine herrliche Erzählung zutage: »Das Muttermal
«. In dieser Geschichte heiratet ein junger Chemiker eine Frau, die so unglaublich schön ist, daß die Leute auf der Straße stehenbleiben, um sie anzustaunen. Sie kommt der Vollkommenheit so nahe, wie es für einen Menschen überhaupt nur möglich ist. Die Schönheit ihres Gesichts ist von einem einzigen Makel beeinträchtigt: einem winzigen Muttermal, das die Form einer scharlachroten Hand hat. Der Mann ist zunehmend von der Idee besessen, ein Mittel zu finden, das das Muttermal beseitigen und die Schönheit seiner Frau erst wirklich vollkommen machen wird. Nach unzähligen Experimenten findet er endlich die Formel für das
ersehnte Mittel. Doch gleichzeitig mit dem Muttermal schwindet auch die Lebenskraft seiner schönen jungen Frau, und er bleibt mit einer vollkommenen Leiche zurück.

Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten in der Meditation deiner Wahl.
Danke Gott für die unzähligen Wunder deines Unbewußten!
Wenn Hawthornes Geschichte dein Traum wäre, was würde sie dir
über deinen Schatten verraten? Vergiß nicht, daß jede Person in
deinen Träumen ein Teil deiner selbst ist. Hast du je das Gefühl
gehabt, von etwas besessen zu sein? Erzähl mir nicht, der Teufel
hätte dich dazu gebracht, was auch immer zu tun, solange du nicht
imstande bist, den Teufel als einen Teil deines Schattens zu erkennen und anzunehmen! Setze deine Traumarbeit bei Tag und bei Nacht fort. Hältst du es für möglich, daß du jetzt gerade träumst?

Dienstag, 26. September 2017

Gedanken am 27. September (Herbstmond)

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Wie sollen wir mit unserem Schatten nun umgehen? Kurz
gesagt, gilt es, sich seiner bewußt zu werden, sich zu ihm zu
bekennen, sich seine Projektionen einzugestehen und zu
lernen, mit ihm zu leben. Verschwinden wird er nie, denn wir
brauchen ihn. Wir leben in einer Welt der Gegensätze.
Ohne das Böse gibt es kein Gutes. Ohne deinen Schatten
würdest du dich nicht so sehr nach dem Licht sehnen. Ohne
Habgier gäbe es keine Hinwendimg zur Großzügigkeit. I r gendwann,
wenn wir aus diesem Traum von »wir und die
anderen«, oben und unten, schwarz und weiß, männlich und
weiblich aufgewacht sind, werden wir unseren Schatten
nicht mehr benötigen, weil wir in der Ganzheit leben werden.
Aber bis es soweit ist, hat der Schatten durchaus seine
Daseinsberechtigung. Gib also dem Teufel, was des Teufels
ist, und wirf jede Illusion hinaus, jemals vollkommen sein zu
können - zumindest solange du auf der Erde lebst.

Tempelarbeit:
Mache heute wenn möglich einen achtsamen Spaziergang. Erfreue
dich an dem Wechsel der Jahreszeiten und ruhe im Schoß von

Mutter Natur aus. Setze heute nacht deine Traumübungen fort.

Montag, 25. September 2017

Gedanken am 26. September (Herbstmond)

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Während ich an diesen Texten arbeitete, träumte ich, ich
leitete eine Heilgruppe, die sich in einem Kellerraum traf.
Mehrere Leute sitzen im Kreis, und ich rede. Plötzlich springen
drei Brüllaffen durch ein offenes Fenster auf mich herunter
und bedrängen mich hart. Ich schlage auf sie ein und
füge ihnen ernste Verletzungen zu. Ich verspüre aufrichtige
Reue und zugleich Angst, die Gruppe könnte meine gewalttätige
Natur erkennen und mich für eine spirituelle Null
halten. Ich wickle die - merkwürdigerweise auf Mäusegröße
zusammengeschrumpften - scheinbar toten Affen in Toilettenpapier
und lege sie behutsam in eine Plastiktüte, in der
Hoffnung, sie weder gesund pflegen zu können. Sie fangen
an zu atmen. Ich öffne die Tüte, und sie springen durch das
Kellerfenster ins Freie, auf eine sonnenbeschienene Wiese,
wo sie vergnügt Klee fressen. Ich bin sehr erleichtert.

Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten in der Stille der Meditation.
Wenn das dein Traum wäre, was würde er dir über deinen Schatten
verraten? Erinnere dich an den Leitfaden für Traumgruppen
(18. September). Deine Deutung meines Traumes ist eine Projektion, die dir wertvolle Informationen über dein eigenes Unbewußtes geben kann. Und ich bin sicher, wenn ich deine »Wenn das mein Traum wäre«-Kommentare hören könnte, würde ich bestimmt auch eine Menge mehr über mich selbst erfahren. Machen deine eigenen Träume Fortschritte? Hast du jemanden, dem du sie erzählen kannst? Träumst du jetzt?

Sonntag, 24. September 2017

Gedanken am 25. September (Herbstmond)

Wir werden dadurch ganz und heil, daß wir das Unsichtbare
sichtbar machen und die Dunkelheit ans Licht fuhren. Seit
frühester Kindheit sind wir alle dazu erzogen worden, stets
unser »Bestes«, unsere vorteilhafteste Seite nach außen zu
kehren. Man hat uns gescholten und gedemütigt, wenn unser
Verhalten etwas zu wünschen übrigließ, wenn wir uns als
habgierig, anmaßend oder sonstwie »böse« zeigten. Alles
»Nichtgute« wurde in den Keller des persönlichen Unbewußten
abgeschoben. Jung nannte das den Schatten. Es ist
das Alter ego, der Mr. Hyde unseres bewußten Dr. Jekyll. Du
kannst noch so hohe Schutzmauern errichten - es bleibt alles
dort, eingesperrt mit allem, was du unterdrückst, haßt oder
verleugnest. Der Schatten ist dein böser Zwilling.

Tempelarbeit:
Wir haben schon einige Schattenarbeit geleistet, als wir feststellten,
daß wir in Wirklichkeit unseren Schatten projizieren, wenn
wir eine besondere Abneigung gegen jemanden hegen oder ein
Urteil über jemanden fallen, den wir kaum kennen. Wenn wir uns
durch jemandes Zorn beleidigt fühlen, hat unser eigener verborgener Zorn eine geeignete »Leinwand« gefunden, auf der er sich darstellen kann. Was können wir dagegen tun? Anzuerkennen,
daß es einen Schattenaspekt gibt, ist schon ein großer Schritt nach
vorn, denn das, was wir nicht sehen können, übt Macht über uns
aus. Andere Hinweise auf unseren Schatten zeigen sich in unseren
Träumen. Halte heute nach deinem Schatten Ausschau und setze
deine Traumarbeit fort. Verweile für ein paar Minuten im Gebet der Sammlung, im Ei aus Licht oder in der Shamatha-Vipassana-Meditation.

Gedanken am Tag

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Samstag, 23. September 2017

Gedanken am 24. September (Herbstmond)

Gleichzeitig mit der Drehung des kosmischen Rades von
Süden nach Westen, vom Sommer zum Herbst, reicht der
Erzengel Gabriel die Fackel an Raphael weiter. Auf hebräisch
bedeutet Raphael »Heiler Gottes«. Mit der geflügelten
Schlange des Caduceus (des Heroldsstabes des Hermes) in
Verbindung stehend, ist Raphael zugleich auch der Schutzherr
der Wissenschaften und allgemein des Wissens. Als
Heiler hat Raphael die Macht, uns von den Illusionen zu
befreien, die uns von Gott trennen und von der Verwirklichung
unserer tiefsten Seelenkräfte abhalten. Raphael ist die
Wirksamkeit oder Macht, die das Unbewußte zu Bewußtsein,
die Finsternis ans Licht bringt.

Tempelarbeit::
Atme ein paarmal loslassend durch und lasse dich langsam, geduldig in den Ort der Stille gleiten, ins Allerheiligste deines Herzens.
Danke Gott für deine allmähliche Erweckung. Jetzt richte deine
Aufmerksamkeit nach hinten, auf das Westliche Tor deines Körpertempels.
Rufe Raphael an, den Heiler Gottes, den Wächter des
Westlichen Tores. Sitze mit dieser mächtigen Gegenwart zusammen
und bitte darum, daß dir geholfen werde, alle Elemente deines
Unbewußten zu erforschen, die reif für ihre Entdeckung sind.
Setze deine Traumübung fort und achte weiterhin auf synchronistische Ereignisse.

Freitag, 22. September 2017

Gedanken am 23. September (Herbstmond)

Seit dem Durchgang durch das Äquinoktium sind die Pforten
der Unterwelt geöffnet, und der große »kosmische Kellerputz
« kann beginnen. Im Judentum fallen die hohen Feiertage
Rosch Ha-Schana (Neujahr) und Jom Kippur (Versöhnungsfest)
ungefähr in diese Zeit. Während der zehntägigen
Periode, die zwischen diesen zwei Festen Hegt, sind,
wie man glaubt, die Pforten des Himmels geöffnet. Diese
Tage tiefer, unerschrockener Selbsterforschung sind die hei-
Hgste Zeit des jüdischen Jahres. Unerledigte Angelegenheiten
werden ins Bewußtsein gehoben und abgeschlossen.
Man gesteht alles Unrecht ein, das man sich selbst, anderen
und Gott angetan hat, leistet jede erforderHche Wiedergutmachung
und vergibt, wenn nötig, selbst erfahrenes Unrecht.
Das Gewissen wird entlastet, und die geläuterte Seele
ist frei, sich durch das Himmelstor emporzuschwingen.

Tempelarbeit:
Göttlicher Geliebter, ich wache an diesem Herbstmorgen
voll Dankbarkeit auf. Ich bin bereit, alles Bedauern, allen
Groll und alle unbewußten Gedanken und Einstellungen,
die mich von Dir und anderen trennen, aufzugeben. Ich
öffne die Tür meines Herzens und bitte Dich herein. Kehre
mich aus, auf daß ich der Liebe und Freude gewahr werden
möge, die meine wahre Natur sind. Kehre mich aus, auf daß
mein Leben ein Segen sein möge für andere und für Dich!
Verweile für ein paar Minuten in der Stille des Gebets der Sammlung oder der Shamatha-Vipassana-Meditation. Kannst du dich an einen Traum aus der vergangenen Nacht erinnern? Träumst

du jetzt? Setze nach Möglichkeit deine Traumübungen fort.

Donnerstag, 21. September 2017

Gedanken am 22. September (Herbstmond)

Heute vollendet das kosmische Rad eine weitere Vierteldrehung
und öffnet sich ganz nach dem Westen. Die Stunden
des Lichts und die Stunden der Dunkelheit halten sich an
diesem ersten Tag des Herbstes vollkommen die Waage.
Morgen werden wir das Westliche Tor durchschritten haben
und unseren Abstieg in die Dunkelheit der Unterwelt beginnen.
Das Licht verblaßt, und der Ruf der Träume, Archetypen
und synchronistischen Ereignisse wird vernehmlicher.
Wir haben uns darauf vorbereitet, auf ihre Botschaften zu
lauschen, so daß die Weisheit unseres Unbewußten in der
zunehmenden Dunkelheit heranreifen möge. Wir können
uns darauf freuen, in sechs Monaten, am Frühlingsäquinoktium,
verwandelt aus der Unterwelt wieder aufzutauchen.

Tempelarbeit:
Gehe heute wenn möglich ins Freie und führe die Meditation der
Verbindung von Himmel und Erde durch. Zentriere dich um deine
Atmung und werde dir der Energie der Sonne bewußt. Jetzt öffne
dich der Energie der Erde. Atme von oben die Sonne undvon unten
die Erde ein, so daß sich ihre Energien in deinem Herzen vermischen und ins Gleichgewicht kommen. Atme die Hochzeit von Sonne und Erde, Bewußtem und Unbewußtem, für alle Wesen
aus. Du bist die Brücke zwischen den Welten. Du bist der kosmische Erwecker!

Mittwoch, 20. September 2017

Gedanken am 21. September (Herbstmond)

Klarträumen bietet vielfältige Vorteile. Erstens kannst du in
diesem Zustand erhöhter Bewußtheit Ängste überwinden
und größeres Selbstvertrauen entwickeln. Dieser Gewinn
beschränkt sich nicht auf den Traumzustand selbst, sondern
greift auch auf das Alltagserleben über. Tatsächlich fühlt sich
der Klartraumzustand viel »wirklicher« als das wirkliche
Leben an. Was ich »dort« bewältigt habe, hat sich bislang
immer ohne Schwierigkeiten »hierher« übertragen lassen.
Zweitens ist es äußerst unterhaltsam. Du kannst zum Mond
fliegen, die Galaxis erforschen und die verschiedensten spannenden
Abenteuer erleben: Du kannst jeden beliebigen Archetypus
»ausprobieren«, in jede Rolle schlüpfen, die du dir
nur vorstellen kannst! Drittens begünstigt der Klartraumzustand
numinose Erfahrungen - Begegnungen mit der Unfaßbarkeit
des Göttlichen. Ich habe im Klartraum mehrere
Lichterfahrungen gehabt, die zu meinen beseligendsten Erlebnissen
überhaupt gehörten.

Tempelarbeit:
Mache heute morgen wenn möglich einen achtsamen Spaziergang
durch die frühherbstliche Natur. Sei dir der Veränderungen der
Erde bewußt, der unterschiedlichen Farben und Gerüche, des Gefühls des Windes auf deiner Haut, der Temperatur. Der Sommer
ist vorbei. Alles ist ständig im Wandel, in Bewegung, im Fluß.
Vergegenwärtige dir wieder die traumartige Natur des Lebens.
Fahre auch heute fort, nach Ungereimtheiten Ausschau zu halten
und dich zu fragen, ob du gerade träumst. Schreibe jeden Traum
nieder, an den du dich von der vergangenen Nacht her noch

erinnern kannst.

Dienstag, 19. September 2017

Gedanken am 20. September (Herbstmond)

Stephen La Berge ist eine der führenden Kapazitäten auf dem
Gebiet des Klarträumens. Seine Bücher sind Klassiker über
die Psyche, das Unbewußte und das spirituelle Leben. Selbst
wenn du dich gegenwärtig noch nicht dazu bereit fühlst, die
Einübung des Klarträumens zu lernen, ist es wichtig, daß du
das Phänomen als solches verstehst, da die meisten Leute
gelegentlich Klarträume haben - ob sie sich anschließend
daran erinnern oder auch nicht. Die Situation, in der Anfänger
am häufigsten »aufwachen«, sind Alpträume. Vielleicht
versuchst du wegzulaufen und kannst nicht. Plötzlich denkst
du: »Moment mal, das muß ein Traum sein!« Und dann
wachst du statt in deinem Bett in deinem Traum auf, und du
könntest feststellen, daß du dessen Ablauf bis zu einem gewissen
Grad beeinflussen kannst, so daß dein Alptraum ein
Ende findet, das die Angst in Erkenntnis verwandelt.

Tempelarbeit:
Unser vertrautes kritisches Urteilsvermögen ist während des Träumens außer Kraft gesetzt. Es erscheint uns nicht merkwürdig, in einer fremden Umgebung »zu Hause« zu sein, und wir nehmen es gelassen zur Kenntnis, wenn eine 30 Kilo schwere knallrote Ente
durchs Fenster geflogen kommt und sich über das Hundefutter hermacht, obwohl wir überhaupt keinen Hund haben. Achte heute auf solche »Ungereimtheiten«, die dir im Wachleben begegnen können.
Ist irgend etwas nicht an seinem Ort? Sieht jemand irgendwie
merkwürdig angezogen aus? Hast du ein »komisches Gefühl«?
Frage dich: »Träume ich?« und führe dann einen der drei Tests
durch, die wir gestern gelernt haben. Da das, womit du dich tagsüber beschäftigst, dazu neigt, nachts in deinen Träumen wiederzukehren, wird es früher oder später dazu kommen, daß du - wenn du dir angewöhnt hast, im Wachzustand nach Ungereimtheiten zu suchen - das auch im Traum tust und so »in ihm« aufwachst.

Montag, 18. September 2017

Gedanken am 19. September (Herbstmond)

Woher weißt du, daß du jetzt im Augenblick nicht träumst?
Nein, sich zu zwicken gilt nicht. Wenn du dich im Traum
zwickst, spürst du den Schmerz ganz genauso. Leg das Buch
hin und denk über diese Frage nach, bevor du weiterliest. Es
gibt drei recht zuverlässige Hinweise. Erstens kannst du im
Traum fliegen oder schweben. Wenn du jetzt versuchst, dich
von deinem Sitz zu erheben und zu fliegen, was passiert? Na,
träumst du? Zweitens, wenn du im Traum etwas liest, dann
wegschaust und anschließend wieder hinsiehst, ist der Text
nicht mehr derselbe. Sieh woandershin und lies dann diesen
Absatz noch einmal - sorgfältig, denn manchmal sind die
Veränderungen sehr geringfügig und unauffällig. Na,
träumst du? Drittens kannst du im Traum in der Regel durch
die Wand gehen. Wie wäre es mit einem Versuch?

Tempelarbeit:
Tröpfle dir etwas Tinte auf den Handrücken. Jedesmal, wenn im
Laufe des heutigen Tages dein Blick auf den Klecks fallt, frage dich:
»Träume ich?« Dann führe einen der drei obigen Tests durch. Im
Traum kann man sich leicht etwas vormachen, deswegen mußt du
peinlich darauf achten, die Tests gewissenhaft durchzuführen.
Wenn du dir angewöhnst, mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu
überprüfen, ob du träumst oder nicht, wird eines von zwei Dingen
passieren: Entweder wirst du irgendwann auch im Schlaf daran
denken, deinen Zustand zu überprüfen, und wirst dann im Traum
»aufwachen«, was man Klarträumen nennt - oder aber du wirst
aus dem Traum des Lebens aufwachen, was man Erleuchtung
nennt. (Letzteres kenne ich persönlich nur vom Hörensagen.) Die
Praxis, sich zu fragen, ob man träumt, ist eine der ältesten Techniken zur spirituellen Erweckung, die es gibt, und hat ihre vollkommenste Ausprägung im tibetischen »Traum-Yoga« erfahren.

Sonntag, 17. September 2017

Gedanken am 18. September (Herbstmond)

Der unitarische Geistliche Jeremy Taylor hat mehrere Bücher
über Träume geschrieben, darunter Dreamwork, ein
Handbuch für Traumgruppen ohne Leiter. Jahrelang umfaßte
unsere »Gruppe« jeden, der zum Frühstück vorbeikam.
Die Leitlinien für die Gruppenarbeit sind einfach:
Der jeweilige »Berichterstatter« erzählt sein Traumerlebnis
so, als ob es gerade passierte - in der ersten Person
Präsens, wie z. B. »Ich gehe eine dunkle Straße entlang,
und ein Bär mit leuchtenden Augen tritt aus dem Unterholz
hervor.«
Niemand unterbricht die Erzählung. Etwaige Fragen stellen
die anderen erst, wenn der Träumer seinen Bericht
abgeschlossen hat.
Wenn alle eine möglichst klare Vorstellung vom Traum
haben, äußern sie ihre diesbezüglichen Deutungsversuche
als das, was sie tatsächlich sind - nämlich Projektionen -,
indem sie sagen: »Wenn das mein Traum wäre, . . . «
Der einzige zuverlässige Hinweis darauf, daß jemand
etwas Richtiges gesagt hat, ist das Aha-Erlebnis des Träumers.
Da Träume etwas sehr Intimes sind, ist es wichtig, sich
innerhalb der Gruppe auf gewisse Verhaltensregeln zu
einigen und äußerste Diskretion zu vereinbaren, damit
sich jeder ohne Scheu äußern kann.

Tempelarbeit:
Mache heute wenn möglich einen achtsamen Spaziergang. Schau
dich um und ziehe die Möglichkeit in Betracht, daß alles, was du
siehst, nichts anderes als ein Traum ist. Halte dir diese Möglichkeit
den ganzen Tag über gegenwärtig. Überlege dir, ob du nicht eine

Traumgruppe zusammenbekommen könntest.

Samstag, 16. September 2017

Gedanken am 17. September (Herbstmond)

Wir alle machen jede Nacht drei bis fünf sogenannte R E M -
oder Traumschlaf-Phasen durch. Träume verflüchtigen sich
in der Regel wie Rauch, wenn sie nicht besonders packend
oder aufwühlend sind. Aber selbst wenn du dich normalerweise
nie an deine Träume erinnerst, kannst du es dir durch
Übung durchaus angewöhnen. Herbst und Winter sind eine
hervorragende Zeit, um mit dem Training anzufangen, denn
es sind die Jahreszeiten, in denen unser Bewußtsein dem
Unbewußten am nächsten ist.
Gebet/Übung
Schreibe die folgenden vier Grundregeln der Traumpraxis aufund
wende sie auf einen beliebigen neuen oder alten Traum an:
Alle Träume kommen im Auftrag deines Höheren Selbst.
Manche Träume sind klarer als andere. Manche wirken wie
Proben oder »Versuche« zu einem Thema, das sich in späteren
Träumen klarer erschließen wird.
Behandle jeden Traum wie ein Juwel. Stufe ihn nicht als ausgereiften
Traum oder als Probe ein, ehe du ihn nicht in allen
Einzelheiten niedergeschrieben und aufmerksam durchgelesen
hast. Unmittelbar nach dem Aufwachen wirken selbst außergewöhnliche
Träume oft banal.
Traumsymbole können sowohl persönlich als auch archetypisch
sein. Da es möglich ist, daß du eine persönliche Vorliebe für ein
archetypisches Symbol hast - Kreuz, Schlange, was auch immer
-, darfst du dich nicht auf Deutungen verlassen, die du in
Traumbüchern findest oder die dir Freunde liefern, solange du
nicht ein bestätigendes inneres Aha-Gefühl verspürst.

Freitag, 15. September 2017

Gedanken am 16 September (Herbstmond)

#Träume sind die Sprachrohre, durch die das Unbewußte uns
die ungeschminkte Wahrheit mitteilt. Die psychischen
»Zensoren«, die im Wachzustand unablässig unsere Gedanken
und Gefühle entstellen (damit wir vor uns selbst gut
dastehen und uns »anständig« fühlen) sind im Schlaf außer
Kraft gesetzt. Das Traumselbst ist von einer brutalen Offenheit,
aber es hat auch viel Sinn für Humor, was seine Offenbarungen
für uns erträglicher macht. Einmal träumte ich von
einem Kollegen, zu dem ich eine problematische Beziehung
hatte. Er war ins Krankenhaus gekommen, um sich bestimmten
Tests zu unterziehen, und hockte zu diesem Zweck
auf einem Podest. Als er aufstand, ließ er einen großen
buddhaförmigen Haufen Kot zurück. Ich atmete erleichtert
auf und sagte: »Gott sei dank war er also doch nicht krank: E r
war nur bis oben hin voll von Scheiße.« Ich schrieb den
Traum auf, ohne mir viel dabei zu denken, und erst später, als
ich völlig wach war, ging mir der derbe Doppelsinn auf. Da
jede Traumgestalt einen Teil von uns selbst darstellt, lautete
die Botschaft meines Unbewußten, daß ich meine eigene
»spirituelle Scheiße« erkennen und mir ein paar ernste Gedanken
über Bescheidenheit und Demut machen mußte. Es
war viel leichter, das lachend zu tun, als wenn ich auf eine
andere Weise auf meine Selbstgerechtigkeit hingewiesen
worden wäre!

Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten im Gebet der Sammlung oder in
der Shamatha-Vipassana-Meditation. Hast du dich heute an
einen Traum der vergangenen Nacht erinnert? Wenn ja, durchdenke
ihn jetzt noch einmal, während du dich noch im meditativen
Zustand befindest - einem Zustand, in dem Bewußtsein und
Unbewußtes ineinander übergehen und sich miteinander vermischen.
Wenn du deinen Traum als einen Weckruf deines Höheren
Selbst betrachtest, was glaubst du dann, was es dir zu sagen

versucht?

Donnerstag, 14. September 2017

Gedanken am 15. September (Herbstmond)

Es lehrt uns Bescheidenheit, zu erkennen, wie sehr unser
Geist dem sprichwörtlichen Eisberg ähnelt: Der größte Teil
seiner »Masse« ist unter der Oberfläche verborgen. Normalerweise
suchen wir die Weisheit, Gott oder die Lösungen
unserer Probleme im sichtbaren, logischen Teil des Lebens
und sparen den Bereich aus, um den es in Wirklichkeit geht.
Vielleicht kennst du die Geschichte vom Betrunkenen, der
nachts unter einer Straßenlaterne nach seinen Schlüsseln
sucht. Ein zufallig vorbeikommender guter Samariter will
behilflich sein und fragt: »Wo genau haben Sie die Schlüssel
fallen lassen?« Der Betrunkene zeigt auf das unbebaute
Grundstück auf der anderen Straßenseite. Als der verblüffte
Passant fragt, warum er sie dann unter der Laterne suche,
antwortet der Betrunkene mit unanfechtbarer Logik: »Weil
man hier mehr sieht.«

Tempelarbeit:
Gedankt sei Dir, Großer Geist, für diesen Spätsommermorgen
und für mein allmähliches Gewahrwerden der verborgenen
Welten, der inneren Bereiche meiner Psyche und ihrer
geheimnisvollen Beziehung zur äußeren Welt der Formen.
Heute werde ich fortfahren, die außer-sinnliche Welt, die
Welt der Träume, Archetypen und der Vorstellung, geduldig
zu beobachten.
Nimm dir heute abend vor dem Einschlafen fest vor, dich morgen
wenigstens an einen Traum der vergangenen Nacht zu erinnern.
Lege Stift und Notizblock bereit. Sobald du aufwachst, frage dich,
ohne dich im Bett zu führen: »Was habe ich gerade geträumt?«
Lasse den Traum noch einmal an dir vorüberziehen und gib ihm
eine passende »Überschrift«, bevor du ihn - in der Ich-Form und
in der Gegenwart - niederschreibst. Verliere nicht den Mut, wenn
du dich morgen an keinen Traum erinnern kannst. Es kann
durchaus mehrere Nächte dauern, bis deine Absicht stark genug

ist, um dir tatsächlich Zugang zur Traumwelt zu verschaffen.

Mittwoch, 13. September 2017

Gedanken am 14. September (Herbstmond)

#C. G. Jung schuf einmal ein Mandala, das er »Fenster in die
Ewigkeit« nannte. Ein Jahr später malte er ein zweites Mandala,
in dessen Zentrum sich ein goldenes Schloß befand. Als
er das Bild betrachtete, wunderte er sich über dessen irgendwie
»chinesische« Stimmung. Kurz darauf erhielt er vom
Sinologen Richard Wilhelm eine Briefsendung. E r schickte
ihm das Manuskript einer chinesischen taoistisch-alchemistischen
Abhandlung, Das Geheimnis der Goldenen Blüte, mit
der Bitte, einen Kommentar dazu zu schreiben. Als Jung das
Manuskript las, fand er darin die Bedeutung seines Mandalas
offenbart. Das ist Synchronizität!

Tempelarbeit:
Mache heute wenn möglich einen achtsamen Spaziergang. Rufe
die Gegenwart deines Schutzengels an, auf daß sie dich begleite.
Wenn du deine Gehmeditation beendet hast, setze dich nieder und
danke deinem Schutzengel, dem Wirker vieler der synchronistischen
Ereignisse, die du bislang erlebt hast - das Buch, das praktisch
aus dem Regal fällt, wenn du es brauchst; der Unbekannte,
dessen zufällig gehörte Worte eine alte Wunde in dir heilen ...
Denke an ein solches Zusammentreffen, das du kürzlich erlebt
hast, und danke dafür. Steht es in Zusammenhang mit einer

archetypischen Situation aus deinem Leben?

Dienstag, 12. September 2017

Gedanken am 13. September (Herbstmond)

Wenn wir uns in der Phase des Ubergangs von einem Archetypus
in den nächsten befinden, organisiert das Universum
oft synchronistische Ereignisse, die uns den Weg weisen und
weiterhelfen. Ein Beispiel: Du hast so viel von deinem Zorn
auf deinen »geschiedenen« Vater aufgearbeitet, daß du dich
mit dem Gedanken trägst, nach vielen Jahren wieder den
Kontakt mit ihm aufzunehmen. Genau in dem Augenblick
ruft er an und sagt, er möchte seine Fehler wiedergutmachen.
Der jungianische Psychiater Harry Wilmer definiert
Synchronizität als »das zeitliche Zusammenfallen zweier
sinnvoll, aber nicht kausal miteinander verknüpfter Ereignisse,
wobei ein innerer, psychischer, subjektiver Zustand in
Entsprechung zu einem äußeren Ereignis der objektiven
Welt auftritt. Eine Ursache ist nicht nur unbekannt, sondern
nicht einmal denkbar.« Synchronistische Ereignisse transzendieren
Zeit und Raum und offenbaren dadurch das einheitliche
Feld, den Geist Gottes, in dem wir leben, uns bewegen und unser Dasein haben. Schlichte Koinzidenzen oder Zufälle unterscheiden sich von synchronistischen Ereignissen durch ihren Mangel an innerer Sinnhaftigkeit.

Tempelarbeit:
Göttlicher Geliebter, wir erstaunlich ist die Unerforschlichkeit
Deiner Schöpfung und die wechselseitige Verknüpftheit
aller Dinge! Hilf mir bitte, auf synchronistische Ereignisse
zu achten, die mein Bewußtsein der sich entfaltenden Geschichte
meines Lebens vertiefen, auf daß ich diese Geschichte
mit Liebe, Humor, Barmherzigkeit, Weisheit und
Güte leben möge.
Zentriere dich durch ein kurzes Gebet der Sammlung oder eine
Shamatha-Vipassana-Meditation. Richte deine Aufmerksamkeit
auf die rechte Seite deines Körpers und rufe die Gegenwart Gabriels an. Bitte darum, daß er dir helfe, die Botschaften wahrzunehmen, die das Universum ständig für dich zurückläßt.

Montag, 11. September 2017

Gedanken am 12. September (Herbstmond)

Bevor wir in eine neue Wohnung einziehen, machen wir eine
Bestandsaufnahme unserer Habseligkeiten und überlegen
uns genau, was wir behalten und was wir ausmustern wollen.
In gleicher Weise gilt es sorgfältig zu erwägen, was wir
mitnehmen und was wir zurücklassen sollten, wenn wir eine
neue Etappe unserer Seelenreise beginnen. Vor einigen Jahren
bin ich vom Archetypus der Heilerin in den der Mystikerin
eingezogen. Im Zuge des Ubergangs habe ich einen
Großteil meiner »Schmerz-Orientiertheit« zurückgelassen
und mich in zunehmendem Maße auf Freude, Dankbarkeit
und Frieden konzentriert. An die Stelle der Psychiaterin
Alice Miller trat als mein neues Rollenideal der Dalai Lama.
Als Folge dieser grundlegenden inneren Umwälzung änderte
sich auch die Arbeit, die ich tat, und meine bisherige
Einstellung zu Menschen und zum Leben.

Tempelarbeit:
Atme ein paarmal loslassend durch und lasse dich langsam, geduldig
in den Tempel der inneren Stille gleiten. Richte deine Aufmerksamkeit
auf deine rechte Seite, auf das Südliche Tor deines
Körpertempels. Rufe den Erzengel Gabriel an, dessen Stärke und
Führung dir durch die verschiedenen Stadien deiner Seelenreise
hindurchhelfen können. Bitte darum, daß er dir ermögliche zu
erkennen, welchen Archetypus du gegenwärtig lebst und, wenn du
bereit bist weiterzuziehen, in welchen Archetypus du dich gerade
begibst. Überlege dir, welche Eigenschaften du zurücklassen und

welche du mitnehmen wirst.

Sonntag, 10. September 2017

Gedanken am 11. September (Herbstmond)

Es gibt Zeiten in unserem Leben, in denen wir die zu einem
bestimmten Archetypus gehörige Seelengeschichte abgeschlossen
haben und allmählich in einen anderen Bereich
unserer andauernden spirituellen Autobiographie eintreten.
Die Ubergangsphase ist eine Zeit der Ernte und der Läuterung.
Wenn es uns nicht gelingt, diese Ubergänge als solche
zu erkennen, spielen wir immer wieder dieselbe Rolle von
vorn, was zu einem Gefühl der Vergeblichkeit, der Langeweile,
des »Festgefahrenseins«, zu Depression oder Streß
führen kann. Da das kosmische Rad sich vom Sommer zum
Herbst weiterdreht und unsere Energie ihren jährlichen Abstieg
in die dunklen Reiche des Unbewußten beginnt, wird es
Zeit, uns zu fragen, ob unser Aufenthalt in unserem gegenwärtigen
Archetypus abgeschlossen ist und, falls ja, in welchen
neuen wir dabei sind einzutreten.

Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten im Gebet der Sammlung oder in
der Shamatha-Vipassana-Meditation. Bewege die folgenden Fragen
in deinem Herzen: »Wer sind die Menschen, die ich am
meisten achte? Welchem von ihnen würde ich am liebsten nacheifern? Welchen Archetypus stellt er dar?«

Samstag, 9. September 2017

Gedanken am 10. September (Herbstmond)

Miron und ich saßen eines Sommers unter einem Baum und
unterhielten uns angeregt mit unserem Freund Rick. Damals
hatte Miron einen Vollbart und ein recht wildes Aussehen.
Rick sah ihm in die Augen und sagte: »Miron, du bist ein
starker Archetypus. Hast du eine Ahnung, wovon?« Wir
lachten alle, aber Ricks Frage traf den Nagel auf den Kopf.
Unser Archetypus ist die Geschichte, die unsere Seele jeweils
dabei ist zu bewältigen. Ein Archetypus ist so gut wie der
andere, da, wie die alten Weisheitslehren vermuten lassen,
jeder von uns nach und nach alle Archetypen durchleben
muß.

Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten in der Meditation. Uberlege dir
dann, ob du die folgenden oder irgendwelche anderen Archetypen
(in ihrer jeweils männlichen oder weiblichen Erscheinungsform)
schon durchlebt hast:
Der Großinquisitor, »Beschützer des Glaubens«
Das Opfer
Der Märtyrer
Der Heiland/Retter
Der Heiler
Der Weise
Der Narr
Der Mystiker

Der Held

Freitag, 8. September 2017

Gedanken am 9. September (Herbstmond)

Während der letzten Woche wurdest du dazu ermutigt, in
die Bilder, Gefühle, Uberzeugungen, Geschichten und Mythen
einzutauchen, die sich in deinem persönlichen und dem
#kollektiven Unbewußten vermischen. Jetzt ist es an der Zeit,
diese »Erinnerungen, Träume, Gedanken« (wie auch C. G.
Jungs Autobiographie überschrieben ist) zu deiner eigenen
spirituellen Autobiographie zusammenzuführen. Es gibt
keine bessere Methode herauszufinden, wo man gegenwärtig
ist, als sich zu vergegenwärtigen, wo man gewesen ist! Sehr
oft ist die äußere Route, die wir nehmen, so interessant, daß
wir uns nur undeutlich des Weges bewußt werden, den unsere
Seele derweil innen zurücklegt.

Tempelarbeit:
Für die heutige Übung brauchst du ein Blatt Papier -je größer,
desto besser. Du wirst auch mehr Zeit als gewöhnlich brauchen:
wenigstens eine Stunde, wahrscheinlich aber mehr. Erstelle eine
»Straßenkarte« deines bisherigen Lebens. Fange bei der Geburt
an und zeichne die (positiven wie negativen) Höhepunkte oder
Einschnitte ein, die sich etwa alle fünf Jahre ereignet haben. Trage
dann mit Hilfe der Notizen, die du dir im Laufe der letzten Woche
gemacht hast, parallel zu deinem äußeren Leben die Entwicklung
deines spirituellen Verständnisses ein. Schreibe zuletzt eine Kurzfassung deiner spirituellen Autobiographie.

Donnerstag, 7. September 2017

Gedanken am 8. September (Herbstmond)

Wenn es uns gelungen ist, uns psychisch von unseren Eltern
abzunabeln und ein eigenständiges Selbstgefühl zu entwickeln,
haben wir uns als junge Erwachsene spezifische Antworten
auf die großen Fragen »Wer bin ich? Was ist der Sinn
des Lebens? Gibt es einen Gott?« zurechtgelegt. Doch erst
tun die Mitte des Lebens gelangt unsere Spiritualität zu
wirklicher Reife, und zwar durch die Erfahrung dessen, was
der Theologe James Fowler das »Sakrament der Niederlage
« nennt. Unser jugendlicher Idealismus zerbröckelt, und
wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, daß es keine eindeutigen
Antworten auf die Widersprüche des Lebens gibt
und keine Möglichkeit, der Unbeständigkeit aller Dinge und
dem Leiden zu entrinnen. Wir erkennen, daß guten Menschen
ebensohäufig Schlimmes widerfährt wie bösen - wenn
nicht sogar noch häufiger. An diesem Punkt bricht das Gerüst
äußerlicher Religiosität häufig zusammen, und wenn wir
die sich daran anschließende »dunkle Nacht der Seele« heil
überstehen, kann ein tieferes spirituelles Verständnis hervorscheinen.

Tempelarbeit:
Mache heute wenn möglich wieder einen achtsamen Spaziergang
durch die Natur. Denke anschließend über die religiösen oder
spirituellen Vorstellungen nach, die du alsjunge(r) Erwachsene(r)
hattest. Hast du an irgendeinem Punkt deines Lebens das »Sakrament der Niederlage« empfangen - ein so tiefes Leid erfahren, daß alle deine bisherigen Ansichten über das Universum wie ein Kartenhaus einstürzten? Wenn ja, begannen sich anschließend irgendwelche neuen spirituellen Uberzeugungen in dir abzuzeichnen?

Mache dir ein paar Notizen.

Mittwoch, 6. September 2017

Gedanken am 7. September (Herbstmond)

Einer der Helden meiner Jugendzeit war Aldous
Huxley, dessen Buch Die Pforten der Wahrnehmung mir das
innere Universum erschloß. Ein anderer war der draufgängerische
Errol Flynn. Seine Autobiographie enthielt von den
bezauberndsten Blüten romantischer Phantasie bis hin zu
einem schroffen und oft brutalen Individualismus alles, was
einen echten Abenteuerroman ausmacht. Ganz besonders
faszinierte mich eine Textstelle, in der er in allen Einzelheiten
schilderte, wie er auf einer australischen Ranch Schafböcke
kastrierte. Errol Flynn mag nicht wie ein besonders
spirituelles Rollenideal aussehen, aber tatsächlich kommen
wir mit dem Archetypus des Höheren Selbst erstmals durch
Geschichten in Berührung, die von Helden, Weisen, Königen
und Königinnen, Propheten und Rettern handeln -
kurz, von Menschen, die in welcher Weise auch immer die
Grenzen dessen erweitern, was wir für »normal« erachten.

Tempelarbeit:
Beruhige deinen Geist und öffne dich der Weisheit des Unbewußten, indem du einen achtsamen Spaziergang machst oder für ein paar Minuten meditierst. Was waren deine Lieblingsfilme oder -bücher, als du ein Teenager warst? Wer waren deine Idole?
Welchen Teil deines sich entwickelnden Bewußtseins verkörperten

sie deiner Meinung nach? Mache dir ein paar Notizen.

Dienstag, 5. September 2017

Gedanken am 6. September (Herbstmond)

Die Adoleszenz, die Zeitspanne von der Pubertät bis zur
Reife, bringt ein Aufblühen des spirituellen Glaubens, der
aus einem Geflecht von persönlichen Erfahrungen und Archetypen
des kollektiven Unbewußten hervorgeht. Wir
überwinden die Schwarzweißmalerei der Kindheit, die aus
Gott einen mächtigen, mitunter übelwollenden »Über-
Opa« machte. Wenn unsere Eltern allerdings streng und
autoritär sind, schaffen wir diesen »Adoleszenzsprung«
möglicherweise erst in einer viel späteren Phase unseres
Lebens, wenn es uns endlich gelingt, die frühen Verletzungen
unserer Selbstachtung zu heilen. Aber wenn alles gutgeht
und wir ein zuversichtliches Selbstgefühl entwickelt
haben, das bereit ist, sich von den Eltern abzunabeln, besteht
die spirituelle Aufgabe der Adoleszenz darin, Rollenmodelle
zu finden, die unsere bisherigen numinosen Erfahrungen
bestätigen und erweitern.

Tempelarbeit:
Mache heute wenn möglich einen achtsamen Spaziergang. Wenn
du fertig bist, finde einen geeigneten Platz im Freien - oder setz
dich ans Fenster und sieh hinaus. Jetzt überlege: Wer waren in
meiner Jugend meine wichtigsten Rollenideale? Welches waren die
Werte, die sie symbolisierten? Ahnelten sie den Wertvorstellungen
meiner Eltern, oder waren sie davon verschieden? Mache dir ein

paar Notizen.

Montag, 4. September 2017

Gedanken am 5. September (Herbstmond)

Kinder leben in einer Welt der Feen und Dämonen, der
Helden und der Schurken - einer Welt, in der es nur
Schwarz und Weiß gibt, ohne alle Zwischentöne. Als Kinder
ängstigen wir uns leicht und lassen uns ebensoleicht wieder
trösten und beruhigen. Die Vorstellungen, die wir vom Universum
haben, sind in der Regel überaus plastisch und enthalten
nicht nur Dinge, die wir aus eigener Anschauung
kennen, sondern auch eine Unzahl von Gestalten und Motiven,
die seit Anbeginn der Zeiten die Mythen, Märchen und
religiösen Sagen der Welt bevölkern. Sie sind Teil des allen
Menschen gemeinsamen kollektiven Unbewußten, des Sediments
von Seelenerinnerungen, dem auch unsere persönlichen
Geschichten entspringen.

Tempelarbeit:
Entspanne dich in deine Atmung hinein und lasse dich in den
Frieden des Gebets der Sammlung oder der Shamatha-Vipassana-
Meditation sinken. Wie stelltest du dir als Kind die Entstehung der
Welt vor? Machtest du dir Gedanken über Himmel und Hölle?
Falls ja, wer mußte deinem damaligen Glauben nach wohin und

warum? Woran glaubten deine Eltern? Mache dir ein paar

Sonntag, 3. September 2017

Gedanken am 4. September (Herbstmond)

Als ich noch klein war, stand mein Bett unter einem großen Erkerfenster. Nachts lag ich ganz ruhig da und betrachtete den Mond. Eines Tages schenkte mir mein Vater eine Schallplatte mit einem Märchen über eine kranke Prinzessin.
Die Hofärzte konnten keine Kur für ihr Leiden finden,
aber zuletzt kam der Oberzeremonienmeister, dessen
tiefe Stimme voller Magie war, auf die Lösung: Die Prinzessin
mußte den Mond haben. Aber obwohl der Mond sehr nah
zu sein schien, reichte selbst die längste Leiter nicht an ihn
heran. Schließlich Heß der Zeremonienmeister für die Prinzessin
einen Silbermond anfertigen, und sie wurde wieder
gesund. Eine Zeitlang versuchte er, sie nachts vom Fenster
fernzuhalten, damit sie nicht merkte, daß es nicht der echte
Mond war, den sie da an einem Kettchen am Hals trug. Eines
Nachts aber erblickte sie doch das glänzende Gestirn am
Himmel: Da freute sie sich über die Maßen, daß Gott ein
neues hatte nachwachsen lassen, damit sich alle Menschen
daran erfreuen könnten.

Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten im Frieden des Gebets der Sammlung oder der Shamatha-Vipassana-Meditation. Kannst du dich daran erinnern, was früher deine Lieblingsgeschichte war? Hatte sie in irgendeiner für dich heute nachvollziehbaren Weise Bezug zu deinem spirituellen Leben? Mache dir ein paar Notizen.

Samstag, 2. September 2017

Gedanken am 3. September (Herbstmond)

Im Jahr 1937 hielt C. G . Jung in Yale eine später berühmt
gewordene Vorlesung, in der er seine Zuhörer aufforderte,
die starren Begriffe und Grenzen organisierter Religionen
zu überschreiten und zu einer unmittelbaren Begegnung mit
der religiösen Erfahrung vorzustoßen. Mein erster Tag in
der Hebräisch-Schule stellte eine solche Begegnung dar.
Von dem, was die Lehrer sagten, weiß ich kein einziges Wort
mehr, aber ich erinnere mich deutlich daran, wie ich von der
Form der hebräischen Buchstaben gepackt und - jenseits
allen bewußten Wissens - in eine Begegnung mit dem Geheimnis
entrückt wurde, die mir die numinose Gegenwart
Gottes offenbarte und die Verheißung schenkte, daß das
Leben voll unaussprechlicher Wunder ist.

Tempelarbeit:
Mache wenn möglich wieder einen achtsamen Spaziergang und
gib dich der unmittelbaren, nicht durch das Bewußtsein gefilterten
Naturerfahrung hin. Stelle dir nach deiner Gehmeditation die
Frage: »Was war meine erste spirituelle Erfahrung, meine erste
direkte Begegnung mit dem Numinosen?« Mache dir ein paar

Notizen für die spätere Verwendung.

Freitag, 1. September 2017

Gedanken am 2. September (Herbstmond)

#C. G. Jung unterschied zwischen einem persönlichen und
einem kollektiven Unbewußten. Das persönliche Unbewußte
wimmelt von - hellen wie dunklen - unterdrückten und
vergessenen Gefühlen, Bildern und Erinnerungen aus unserer
Vergangenheit. Dieser brodelnde Topf voll psychischer
Energie ist der verborgene Lenker und »Motivator« der
meisten unserer Handlungen. Das kollektive Unbewußte
wohnt jedem Menschen inne, unabhängig von seinen vergangenen
persönlichen Erfahrungen. Dieses mit Engeln und
Dämonen, Helden und Hitlern bevölkerte Reservoir archetypischer
Geschichten ist wie ein eingebautes Navigationsprogramm
für den Heimweg zu Gott. Die Mythen, religiösen
Anschauungen und Märchen aller Völker gehen aus
diesen kollektiven Archetypen hervor ebenso wie viele unserer
Träume, die uns auf unsere jeweilige Rolle im großen
kosmischen Drama aufmerksam machen.

Tempelarbeit:
Heute beginnt eine achttägige »Rückschauübung«, während
der du eine spirituelle Autobiographie schreiben und anfangen
wirst, in dein persönliches und das kollektive Unbewußte
hineinzublicken. Einige der folgenden Übungen habe
ich aus Dan Wakefields Buch Writing Your Spiritual Autobiography übernommen. Andere sind von den Werken des
Theologen James Fowler inspiriert, des Verfassers von Stufen
des Glaubens.
Verweile für ein paar Minuten in der Stille des Gebets der Sammlung oder der Shamatha-Vipassana-Meditation. Jetzt gehe in
deiner Vorstellung in die Zeit zurück und erinnere dich so deutlich
wie möglich an dein einstiges Kinderzimmer. Welches Bild hattest
du von Gott, als du noch in diesem Zimmer wohntest? Mache dir
ein paar Notizen, auf die du im weiteren Verlauf dieser Übung

zurückgreifen kannst.